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1202 Juni 3. - in Boriovo (Bohrau).

fer. 2. pentec.

Henricus, dei et b. Johannis gracia dux Zlezie, urkundet, dass, nachdem sein Vater Boleslaw das Kloster Leubus gegründet und demselben, das er zur Stätte seines Begräbnisses bestimmt, den Ort, wo er sterben werde, vermacht habe, er vor seinem dann in Lesnicz (Lissa) erfolgtem Tode es ihm zur Pflicht gemacht habe, jenes Gelübde zu erfüllen und in eigener Person die Besitzungen des Klosters zur Grenzbestimmung zu umschreiten. Er (Heinr.) habe dies gethan, und obwohl er das Gebiet von Lissa wegen seiner häufigen Reisen nach Liegnitz nicht habe entbehren können, so habe er doch das Kloster entschädigt, und um keine Besitzungen des Klosters ohne Grenzbestimmung zu lassen, habe er auch die erst neu hinzugekommene Besitzung bei Bohrau, die jetzt Schönfeld heisse und früher Lanca genannt worden sei, umgrenzt. Diese Besitzung habe sein Grossväter Wladislaw seinem Diener Bogdan v. Bohrau verliehn für die Beschwerden, die er als sein Begleiter in der Verbannung ertragen habe. Bogdan habe das Gut auf seinen Sohn Razo vererbt (cum situ castelli, super quem constituerat domum meam) und dann habe Barthol., diaconus de Borow, der Vetter Razo's, in Gegenwart des Ausstellers und dessen Bruders, des Bischofs Jaroslaw, damals Herzog von Oppeln, das Gut von Razo gekauft und dem Kloster verliehn, und trotz der Bitte des Herzogs Heinrich seinem Sohne Bogdan Nichts davon geben wollen, den endlich der Abt dadurch entschädigte, dass er ihn auf einige dem Kloster gehörige zinshafte Aecker in Uyazd (Oyas) setzte (vgl. No. 78). Die Grenzen des Gutes sind von W. nach O. die Strasse von Strosa nach Vanzow (Wansen) bis zum Flusse Slenze (Lohe), dann den Fluss aufwärts gegenüber von Bohrau bis zu dem grossen Sumpf zwischen Borau und des Herzogs Wüstung (desertum) Gola, dann von S. nach O. bis an die Grenzen von Tynecz (Tinz) und längst deren bis zur erwähnten Strasse von Strosa. Dazu der ganze Lauf der Lohe sammt beiden Ufern und namentlich dem südlichen, das zur Wüstung Gola gehört, und wo der herzogl. Zeidler (apifex) Goluch wohnt, bis an die Grenzen von Tinz; das Stift darf dort Fischereien und Mühlen anlegen und dazu Holz aus Gola nach Belieben (abundanter) nehmen dürfen. Wollen die Leubuser ein Fischwehr (clausuram piscine) anlegen zwischen dem situs castelli, super quod curia eorum schon zur Zeit Boleslaws gebaut ist, und zwischen Gola, so sollen sie dies so thun, dass die Strasse von Domazlow (Domslau) durch Gola nach Schloss Nemsche (Nimptsch) nicht gestört wird, sondern es soll versehen sein mit einer Brücke vel clausura que gare vel groble nuncupatur. Diese Grenzen hat der Herzog mit seinen Baronen umschritten.

Z. Bischof Cyprian, Benicus dec., Mart. can. und herzogl. Kanzler, Egid. archid. u. a. Kan. u. Kler., com. Iraramus cast. Wrat., Wilesco cast. de Nemsch, Steph. cast. d. Legn., Andr. cast. d. Glogow, Schanztobor cast. d. Sandoval, Woitzlaus Hofrichter, Nankerus cast. d. Bolezlaw u. a. Edle qui ad colloquium in Boriovo fuerunt convocati.


Geschr. durch d. Not. Andr. Gedr. bei Sommersberg I. 896, Lünig cod. dipl. II. 177. Das Original hat seine besondere Geschichte. Ob "es Sommersberg bei seinem Abdrucke 1729 vorgelegen, ist zweifelhaft, und eher unwahrscheinlich. Später um die Mitte des XVIII. Jahrh. befand es sieh im Besitze des Grafen Posadowsky auf Bohrau und Manze; um diese Zeit ward eine Abschrift davon nebst Siegelabbildung angefertigt, welche in einem Schweidnitz-Jauerschen Diplomatar der Fürstensteiner Bibliothek (fol. 221 No. 8) enthalten ist. Um dieselbe Zeit mag eine zweite Abschr. entstanden sein, welche sich in einem Privilegienbuche des F. Breslau auf dem Bresl. Staatsarch. findet. (D. 361 f. 44.) Um d. J. 1802 sah dann Bandtke das Original noch in Manze, welches inzwischen in den Besitz des Grafen Sandretzky übergegangen war, und verzeichnete in seinen Analekten S. 118 Anm. c. leider nicht ohne neue Fehler mehrfache Verbesserungen zu dem Sommersbergschen Abdrucke. Jetzt ist das Orig. in Manze nicht mehr aufzufinden und ebensowenig in Langenbielau, wohin es, wie vermuthet wurde, mit dem Grafen Sandretzky gekommen sein könnte. Der vorstehende Auszug und namentlich die Zeugenreihe ist aus Bandtke und den genannten beiden Abschriften zusammengestellt. Die Urkunde ist wahrscheinlich unecht, wie Grünhagen in seinem Aufsatze über die Gründungszeit von Kloster Leubus Ztschr. V. 209 Anm. nachzuweisen gesucht hat. Die Abbildung des Siegels in der erwähnten Fürstensteiner Handschrift zeigt das echte Siegel Heinrichs I., wie es allerdings in Nachbildungen auch an unechten Urkunden sich findet. Ob eine echte Urkunde zu Grunde gelegen hat, vermögen wir nicht mehr festzustellen; dass die villa Barth. dem Kloster gehörte, steht fest, vergl. o. No. 70. Die Erweiterung des Umfangs dieser Besitzung wurde dann wahrscheinlich Motiv der Interpolation. Bezüglich der Zeit, in der die Fälschung entstanden ist, lässt der vielfach wiederkehrende Gebrauch von cz z. B. Lesnicz, Legnicz, Slencze, Tynecz (Sommersberg druckt hier wohl auch irrthümlich tz) frühestens an das XIV. Jahrh. denken.


Codex Diplomaticus Silesiae, Bd. 7, 1884; Regesten zur schlesischen Geschichte, Th. 1: Bis zum Jahre 1250. Herausgegeben von Colmar Grünhagen.